Dienstag, 4. Februar 2014

Das erste Semester an der ASH - Beitrag zu Astis' Blogparade

Astis fragt nach unserem Rückblick auf das erste Semester an der ASH - viele der Fragen, die in einigen der Blogs aufgetaucht sind, stelle ich mir da wieder:


Was erwarte ich eigentlich für mich von diesem Studium? - und: Wie viel davon hat sich bisher erfüllt?

Was nehme ich Neues mit?

Wie empfinde ich meine Rolle in dem Studiengang?

Wie persönlich will ich und kann ich dazu schreiben? - Wie funktioniert das Bloggen überhaupt für mich?

Was wünsche ich mir für die weiteren Semester und Module?



Vor vier Monaten habe ich nicht nur das Studium aufgenommen, sondern genau gleichzeitig auch einen neuen Job angefangen. Auch da habe ich eine für mich vollkommen neue Rolle angenommen: Nicht mehr Freiberuflerin oder Mitarbeiterin, sondern Projektleitung. Eine große Herausforderung im Positiven wie Negativen. Für mein Schreiben hieß das: viel zu wenig Zeit. Daher war ich einerseits froh über die beständige Anregung, zumindest die Schreibaufgaben zu erledigen - sonst hätte ich überhaupt nichts zu Papier gebracht. Andererseits: Fast immer habe ich pflichtschuldig einen Blogeintrag verfasst, eine Hausaufgabe schnell hingeschludert, ein Feedback mit schlechtem Gewissen abgehakt, ein Referat über Nacht zusammengebastelt und übermüdet heruntergerasselt.
Dass es schwierig werden würde, ein Studium neben Beruf und Freizeit zu absolvieren, war mir vollkommen klar - dass es natürlich aus mehr bestehen würde als einem Präsenzwochenende im Monat, eigentlich auch. Dass das Gelernte, Diskutierte, Hinterfragte so intensiv in mir arbeiten würde, nicht. Ich bin froh über die vielen Denkanstöße, die mir die Dozent_innen und Kommiliton_innen gegeben haben. Viele Gedanken, die mich schon lange beschäftigen, lodern neu auf.

Bisher beschäftigen mich vor allem Fragen, die mit der didaktischen oder vielleicht zwischenmenschlichen Seite des Schreibens, besonders der Schreibpädagogik, zu tun haben:

Wie möchte ich den Rahmen meiner Schreibkurse gestalten?

Wie möchte ich als Anleiterin auftreten?

In welcher Form möchte ich Feedback geben?

Welche Übungen sind für mich, sind für welche Zielgruppe sinnvoll?

Wie gehe ich mit Kontroversen um?

Darüber ist das eigentliche Schreiben zu kurz gekommen. In den letzten Monaten habe ich keinen einzigen Text geschrieben, der mir richtig gut gefällt, an dem ich weiterarbeiten möchte oder den ich in irgendeiner Form gern präsentieren würde. Das liegt sicher einerseits an meinem bisherigen Fokus, andererseits an meinem Zeitmangel. Ich müsste mehrere Tage oder Wochen an einem Text arbeiten, über eine Idee nachdenken. Dazu bin ich bisher nie gekommen.

Muss ja auch mal schlafen.



Schade finde ich das, weil ich nicht nur deshalb studiere, um meine pädagogischen Kompetenzen zu erweitern und neue Methoden zu lernen. Ich möchte auch an meinem Schreiben feilen, möchte alte Schreibprojekte noch einmal in Angriff nehmen, möchte an meiner Bühnenangst arbeiten (wobei: Texte vorlesen fiel mir vor dem Studium sehr schwer, diese Angst habe ich fast überwunden - das ist ein großer Erfolg).

Schwierig finde ich es noch, mit der Blended-Learning-Form zurechtzukommen. Andere haben es schon geschrieben: Wie seltsam, sich in einem Text nahe zu kommen oder nahe zu fühlen und dann am Wochenende kein Wort zu wechseln, einfach, weil da noch 20 andere Leute sind, wie seltsam, zu überlegen, welches Bild ich hier wohl von mir präsentiere, wie seltsam, intime Gefühle preiszugeben, ohne diese 20 Gegenüber zu kennen. Wie schwierig auch, dem Gegenüber gerecht zu werden, das ich kaum kenne, wie schwierig, wirklich das auszudrücken, was ich sagen will, ohne missverstanden zu werden oder die andere Person misszuverstehen.



Bestätigt hat sich für mich persönlich, dass Schreiben für mich kein reines Handwerk ist. Politik, Gesellschaftskritik herauszuhalten und "nur Techniken" zu lernen, das funktioniert für mich nicht im Schreiben, genauso wenig wie es funktionieren würde, wenn ich Schneiderin oder Bäckerin wäre - dann müsste ich auch über Produktionsbedingungen, Preispolitik, Arbeitsverhältnisse nachdenken. Und das auf die Gefahr hin, dass das jetzt für manche wieder nach Moralkeule klingt - es ist einfach mein persönlicher Anspruch und bedeutet überhaupt keine Bewertung von anderen Zielen, die natürlich genauso legitim und toll und bewundernswert sind. Ich weiß auch (oder lese das aus manchen Blogbeiträgen), dass manche diese Diskussion einfach nur nervig finden. Ich hoffe, dass wir einen Weg finden, alle zu unseren Zielen zu kommen, ohne uns gegenseitig zu blockieren.

Sowieso wünsche ich mir viel mehr Austausch darüber, was die anderen Studierenden lernen wollen, was sie bisher gemacht haben, was sie schreiben, wo sie und wen sie vielleicht unterrichten. Ich wünsche mir, davon zu lernen und neue Ideen und Denkweisen vermittelt zu bekommen.

Mehr Mut habe ich bekommen im Verlauf des Studiums und freue mich über die verschiedenen Schreibkurse, die ich anbiete oder anbieten werde: Auf der LiMA im März einen Kurs "Kreatives Schreiben" und einen Kurs "Kritisches Schreiben", auf den ich selbst gespannt bin (keine Ahnung bisher, was ich da machen werde, für Anregungen bin ich dankbar!)
http://www.lima-akademie.de/, an der ASH einen Kurs, der Kreatives Schreiben, Anti Bias und Forumtheater verbindet http://www.ash-berlin.eu/profil/chancengleichheit/frauenbildungsprogramm/, und an meiner Arbeitsstelle einen Kurs für Frauen mit Deutsch als Zweitsprache - und vielleicht noch einer, den ich ehrenamtlich woanders anbieten werde. Das finde ich großartig, weil sich mein vielen Baustellen so plötzlich zusammenfügen.

Ich hoffe, dass ich in Zukunft mehr Zeit finde für das eigentliche Schreiben und auch für das Lesen der Texte und Blogs meiner Kommiliton_innen. Und für das Nachdenken darüber. Und für das Diskutieren.

Was ich mir noch wünsche:

Mehr Zeit zum intensiven Schreiben und Überarbeiten innerhalb der Präsenzzeiten

Mehr direkten Austausch mit meiner Feedbackgruppe (Asche auf mein Haupt...)

Tage, die 48 Stunden haben



(Und ich entschuldige mich für die nur so halb passende Bebilderung - soll ein Versuch sein, die Bleiwüste zu umgehen und stammt aus meinem Urlaub, der mich in den letzten beiden Wochen vom Schreiben abgehalten hat. Und noch eine Entschuldigung dafür, dass 500 Wörter nicht gereicht haben)


2 Kommentare:

  1. Deinen Satz "viele Gedanken, die mich schon lange beschäftigen, lodern neu auf", kann ich nur unterstreichen. Und das mit den Aufgaben hat ja durchaus den Vorteil, dass man dann das eine oder andere, was bislang nur im Kopf war, endlich auf irgendeine Weise auf Papier bringen kann (muss).

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  2. Liebe Claire!
    Danke für deinen Beitrag zur Blogparade. Ich sehe deinen Blondschopf vor mir und höre deine raue Stimme, wenn ich deinen Beitrag lese. Das hast du auch angesprochen: sich jemandem durch Text anzunähern, obwohl man mit ihm/ihr noch nicht viel geredet hat...
    Es geht mir auch ein wenig, wie du schreibst: ich bin froh über die vielen Denkanstöße, die ich während der Präsenzen von den KommilitonInnen nun schon erhalten habe. Manchmal ist es nicht ganz leicht, sich aus seinem vielleicht bequemen Schneckenhaus zu bewegen und wieder neue Luft zu schnuppern. Da meint man, schon so viel zu wissen und sieht aber gleichzeitig, dass es noch soooo viel anderes gibt (als Beispiel nur die Anti-bias-Theorie, von der ich bis dato nichts wusste). Ich schätze die kritischen Diskussionen in den Modulen und es bestätigt mich, dass so gemeinsames Lernen stattfindet. Und ich gebe dir Recht, Politisches und Kritisches sollen durchaus nicht fehlen beim Schreiben.
    Also, auf ein produktives und lustvolles gemeinsames Weiterlernen und -schreiben.

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